Mikl-Leitner: "Sind bei Verwaltungskosten pro Einwohner top"
Das flächenmäßig größte Bundesland Niederösterreich zählt mit 573 Gemeinden auch die meisten der bundesweit etwa 2.100 Kommunen. Trotz Spardrucks und angespannter Budgets wird das so bleiben, ergab eine Anfrage der APA. Von den Bündnispartnern ÖVP und FPÖ gab es eine Absage an erneute Gemeindezusammenlegungen wie bis in die 1970er-Jahre erfolgt. Auch die SPÖ sieht dafür keine Notwendigkeit. Die Grünen wollen Anreize, die NEOS sind für Reformen mit der Bevölkerung.
"Den schmerzhaften Prozess, den die Steiermark gerade erst durchlebt hat", habe Niederösterreich bereits in den 1970er-Jahren erledigt, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Davor hatte das Land mehr als 1.600 Kommunen. Was die durchschnittliche Gemeindegröße anlange, bewege sich Niederösterreich heute im Mittelfeld im Vergleich mit anderen Bundesländern. "Wo wir aber top sind: Bei den Verwaltungskosten pro Einwohner. Unsere Gemeinden sind die sparsamsten im Bundesländervergleich", betonte Mikl-Leitner.
Keine unfreiwilligen Gemeindezusammenlegungen
"Um sparsam zu wirtschaften, setzen wir auf Kooperationen und Zusammenarbeit", führte die Landeshauptfrau weiter aus. "Heute zählen wir im Land den Rekordwert von mehr als 630 Gemeindeverbänden, hier wird zusammengearbeitet, wo es am meisten Sinn macht." Die eigene Gemeinde sei für viele Landsleute ein wichtiger Identitätsfaktor. "Mit mir als Landeshauptfrau wird es deshalb sicher auch keine unfreiwilligen Gemeindezusammenlegungen geben", machte Mikl-Leitner unmissverständlich klar.
Weil der Gemeinderat ein möglichst breites Bild der Gesellschaft vor Ort widerspiegeln soll, wäre auch eine Argumentation für eine Verkleinerung dieser Gremien nicht nachzuvollziehen, so die Chefin der niederösterreichischen Volkspartei. Damit würde es schwerer werden, Frauen und Männer, Junge und Alte oder möglichst viele verschiedene Berufsgruppen gleichermaßen abzubilden. Außerdem würde für kleinere Parteien eine deutlich größere Hürde geschaffen werden, ein Mandat in ihrem Gemeinderat zu erreichen. Eine Lanze bricht Mikl-Leitner nicht zuletzt für die Bürgermeister, die sie als "Anpacker und Problemlöser für die großen und kleinen Sorgen der Bewohner vor Ort" und als "die großen Kümmerer in den 573 Gemeinden" sieht. "Die zweifellos großen Herausforderungen unserer Gemeinden werden wir nicht lösen, indem wir bei der Demokratie sparen."
Bürgernächste Institutionen des Landes
Die Anzahl der Gemeinden entspreche der gewachsenen Struktur in Niederösterreich, sagte LH-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ). Auch die kleinsten Gemeinden seien "die bürgernächsten Institutionen des Landes". Effizienz ergebe sich aus guter Verwaltung und nicht aus zentralistischer Strukturreform. "Es ist natürlich zudem wichtig, auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger zu hören", so Landbauer. Sollte also eine Zusammenlegung gewünscht werden, sei dies mit einer Volksbefragung laut NÖ Gemeindeordnung zu klären.
Die Kosten der Gemeinderäte bewegen sich Landbauer zufolge "im Promillebereich der Gemeindebudgets". Die Summe der Aufwendungen stehe in keiner Relation zu den benötigten Mitteln an Pflegekräften und Kindergartenbetreuern. Österreich könnte sich genügend derartiges Personal leisten, "wenn die Regierung nicht Milliarden in der Coronakrise und mit der Klimahysterie aus dem Fenster geworfen hätte. Dasselbe Bild übrigens bei den Milliardenausgaben im Asylbereich: Da muss gekürzt werden, dann ist Geld für die Österreicher, für Familien und für Pensionisten da", betonte der FPÖ-Landesparteichef.
Stärkung der lokalen Vertretungen
Die SPÖ sehe die Gemeinden als "unverrückbaren Teil der Landesidentität". Es bestehe keine Notwendigkeit, hier von Landesseite etwas zu ändern, erklärte Landesparteivorsitzender Landesrat Sven Hergovich. Es wäre zudem falsch, ausgerechnet bei der Demokratie zu sparen. Die Gemeinderäte als direkte Vertretung der Bevölkerung vor Ort würden hohes Vertrauen genießen und seien "in der Erledigung von Aufgaben oft sehr viel kostengünstiger und effizienter als andere Ebenen der Politik", so Hergovich. "Die allgemeine Politikverdrossenheit kann sicher nicht durch eine Schwächung der demokratischen Vertretung bekämpft werden, sondern nur durch die Stärkung der lokalen Vertretungen."
Die Finanzprobleme der Kommunen müssten nachhaltig gelöst werden, führte der SPÖ-Landeschef weiter aus. "Dafür braucht es im Bund und Land einen grundlegenden Dialog mit den Gemeinden. Denn nur starke Gemeinden können die unmittelbare Lebenswelt der Menschen im Land gestalten."
Gemeinden in angespannten Zeiten fördern
Die Kommunen müssten in angespannten Zeiten gefördert werden. "Dies kann mit Anreizen erfolgen, aber auch mit Beratungen", sagte Helga Krismer, Landessprecherin der Grünen. "So könnte vorgerechnet werden, dass es mit einer höheren Anzahl an Einwohnerinnen und Einwohnern mehr Finanzmittel vom Bund gibt." Auch für Verwaltungsverbände oder für größere Schuleinheiten sollte es mehr Anreize geben. Das Ziel müsse sein, Aufgaben effizient für Bürgerinnen und Bürger zu erledigen. Laut Krismer geht es darum, "klare Verantwortungen für Kindergärten, Schulen, Kultureinrichtungen usw. im Land zu haben. Es wird zu viel Geld hin und her transferiert, wo jede Buchungszeile kostet". Eine Verwaltungsreform sei demnach "vordringlicher".
Reformprozess unter Beteiligung der Bevölkerung
Weil Gemeinden immer öfter das Geld fehle, um die vielen Herausforderungen zu bewältigen, sprechen sich die NEOS für einen "Reformprozess unter Beteiligung der Bevölkerung" aus, "um freiwillige Gemeindefusionen und -kooperationen zu fördern, anstatt sie den Menschen aufzuzwingen", so Landessprecherin Indra Collini. "Indem Aufgaben gemeinsam organisiert werden und der Aufwand geteilt wird, können Gemeinden wieder effizient, bürgernah und leistungsfähig werden." Außerdem sinke der Druck bei den Pflichtausgaben, wodurch finanzieller Spielraum für das frei werde, was den Menschen wirklich wichtig sei - Kinderbetreuung, Spielplätze oder die Belebung des Ortskerns.
Schon eine Reform der Gemeindeordnung und des Stadtrechtsorganisationsgesetzes zur Abschaffung nicht amtsführender Stadträtinnen und -räte würde Kosten einsparen, die den Bürgerinnen und Bürgern zugutekämen, sagte Collini. "Für uns NEOS liegt es auf der Hand, dass es Strukturreformen braucht. Die dürfen den Menschen aber nicht aufgezwungen werden." Die Pinken seien deshalb für einen transparenten und offen gestalteten Reformweg, der Bürgerinnen und Bürger nicht nur informiert, sondern aktiv einbindet.